Bei einem Onlinekongress der „Interdisziplinären Arbeitsgemeinschaft Dialysezugang e.V. (IAD)“, war eines der Themen die Shunt-Erst-/und Neuanlage bei Dialysepatienten. Vor der Erstanlage ist eine genaue Planung der Operation von größter Wichtigkeit. In den speziellen Shunt-Kompetenzzentren (Shuntchirurgien) geschieht diese Planung per Ultraschall und teils mit CO2 (ohne Kontrastmittel) und mit Gefäßdarstellungen (Angiografie) an beiden Armen. Mit Hilfe dieses Bildmaterials erfolge schon vor der Erst-OP eine Lebensplanung des Dialyse-Shunts. In einer Karte wird festgelegt, an welchen Stellen am Arm und wieviele Shuntanlagen, möglich sind. Die Zusammenarbeit zwischen Shuntchirurgie, Radiologie, Anästhesie sowie Nephrologie und Pflegepersonal, vor, während und nach der Operation, ist ein wesentlicher Faktor, der zum Gelingen beiträgt. Nur dann kann sich der Shunt des Patienten bestmöglich entwickeln und lange erhalten werden. Er ist neben einer Katheteranlage im Halsbereich, die Lebensader/Nabelschnur, um mit der lebenserhaltenden Dialysemaschine verbunden werden zu können.
Der Dialyseshunt sollte im Idealfall bei einer GFR (glomeruläre
Filtrationsrate = Parameter der Nierenfunktion) um < 20 angelegt werden. Die Gefäße des Shunts benötigen Zeit, um sich zu entwickeln. Legt man den Shunt rechtzeitig an, steht er
im Idealfall bei der Erstdialyse, mit guter Funktion zur Verfügung. Dem Patienten bleibt so ein Katheter, der immer auch eine Entzündungsquelle darstellt, erspart. Ist die vorgenannte GFR
erreicht, oder bereits unterschritten, sollte der Patient das Gespräch mit dem Nephrologen suchen und sich von ihm neben dem bevorzugten Krankenhaus mit Gefäßchirurgie und Anbindung an die eigene
Dialysepraxis/Klinik auch Adressen von Spezialkliniken der Shuntchirurgie nennen lassen. Der Weg zu solchen Spezialisten ist meist weit und der Kampf mit der Krankenkasse zwecks
Fahrtkostenübernahme vorprogrammiert, lohnt sich aber besonders für jüngere Patienten. Denn oft ist mit einer Operation in den kleineren
Gefäßchirurgien, denen es verständlicherweise an Know-how und Erfahrung fehlt, noch nicht das Ziel eines guten Shunts erreicht. Erhält man keine zufriedenstellende Aussage oder gar Unterstützung
vom Nephrologen bei der Auswahl der bevorzugten Einrichtung, kann man sich auch bei der Selbsthilfe vor Ort informieren. Hier erhält man meist Informationen aus gelebter Erfahrung im nahen
Umfeld. Über den Bundesverband Niere e.V. erhält man Kontaktadressen zur Selbsthilfe
in seiner Nähe. Ist genügend Zeit, sollte man sein Recht auf Zweitmeinung wahrnehmen und sich im Anschluss für die Klinik/den Arzt, in die/den man das größte Vertrauen setzt, entscheiden.
Ist der Shunt dann angelegt, darf er nach ca. 6 bis 8 Wochen punktiert werden. Seine Ausbildung/Entwicklung ist danach aber noch nicht abgeschlossen und muss weiterhin fortgesetzt werden. Die Erst- sowie die Folgepunktionen, sind für die Patienten in der Regel eine große psychische Belastung. Daher ist es wichtig, dass das medizinische Team dem Patienten die Angst nimmt, oder zumindest erträglicher macht. Hierbei besteht nicht nur eine große medizinische Verantwortung, sondern ebenso auch eine menschliche.
Die Shuntentwicklung obliegt in allen Punkten der medizinischen Crew. Das Team muss den neuen Shunt
genau erkennen/ bzw. kennenlernen und die künftige Shuntentwicklung besprechen und umsetzen. Um eine möglichst große Punktionsstrecke zu realisieren, sollten Anfangs bestenfalls die
Teammitglieder mit der größten Erfahrung agieren. Fehlpunktionen sind oft nicht nur schmerzhaft, sondern können Patienten auch schnell verängstigen und damit künftige Punktionen
erschweren. Daher ist
eine emotionale Fürsorge im Ablauf sehr wichtig. Jeder neue Punktionsvorgang, sollte immer mittels einer Punktionsanamnese (durch Tasten wie breit ist der Shunt wie tief liegt er, wie muss der
Punktionswinkel gesetzt werden, wie verläuft er) zukunftsorientiert bewertet werden. Nur so kann in der Gemeinschaftsarbeit der Praxis, die Grundlage für eine lange Funktionstüchtigkeit des
Gefäßzugangs erfolgen. Zum Patienten gehen, den Shunt desinfizieren und schnellstmöglich punktieren, wäre hier sicherlich die falsche Vorgehensweise.
Fragen Sie ruhig das Personal, mit welchen der nachgenannten Techniken sie Ihren Shunt zu punktieren gedenken und welches Ziel damit für die Zukunft verfolgt wird? So lernen auch Sie Ihren Shunt kennen und können, z.B. während einer Urlaubsdialyse, zielsicher informieren. Es ist keinesfalls verboten, als Patient im eigenen Interesse mitzudenken und zu lernen, sondern Ihr gutes Recht!
Achten Sie mit darauf, dass vor jedem Dialysebeginn die Funktion des Shunts überprüft wird. Im Falle eines Shuntverschlusses, soll so vermieden werden, dass in eine funktionslose Anlage gestochen wird. Diese einfache Funktionskontrolle können Sie auch selbst übernehmen. Legen Sie die Hand auf und fühlen Sie, ob der Dialyseshunt noch „schwirrt“, oder halten Sie sich ihn einfach ans Ohr und lauschen, ob die „Shuntmelodie“ (Rauschen) noch zu hören ist.
Wie zuvor bereits erwähnt, nachfolgend nun die fünf Punktionsarten und ihre Unterschiede:
1. Strickleiterpunktion
2. Arealpunktion
3. Knopflochpunktion
4. Retrograde Punktion/Gegenstrompunktion - Dies ist keine eigene Art, sollte aber erwähnt werden.
5. Die POCUS-Punktion
1. Strickleiterpunktion
Hierbei wird der Shunt auf seiner vollständigen Gefäßlänge punktiert. Stellen Sie sich ein kleines Stück Gartenschlauch als
Gefäß vor, in denen Sie, wie nach dem Vorbild der Strickleiter, mit einer Nadel über die ganze Strecke hineinstechen. Schließen Sie nun den Schlauch ans Wasser an, sprüht er gleichmäßig und
stabil aus den Löchern. So werden auch die Punktionskanülen von Mal zu Mal um einige Millimeter oberhalb der letzten Einstichstelle am Shunt weiterverrückt und gestochen. Nach einer gewissen Zeit
weitet sich das Gefäß auf voller Distanz gleichförmig aus und wird immer besser für alle im Team zu punktieren. Das Narbengewebe verteilt sich auf den gesamten Shuntbereich, in der Folge kommt es
so auch zu geringeren Gestaltungen von Aneurysmen (Aussackung des Shuntgefäßes). Für den Patienten bedeutet dies auf
die Zukunft gerichtet, weniger schmerzhafter Fehlpunktionen. Jedoch ist diese Art zu Anfang quälender und daher bei den Patienten nicht sehr beliebt. Die Leiden kann man jedoch durch das
Auftragen einer betäubenden Creme (z.B. Emla Creme) bereits im Vorfeld der anstehenden Dialysebehandlung (also beispielsweise noch zu Hause) stark abmildern.
Vorteile:
- Der Shunt bildet sich auf der gesamten Gefäßstrecke gleichmäßig aus
- Der räumliche Abstand sowie
längere Intervalle zwischen Punktionen an gleicher Stelle reduzierten die Gefahr einer Shuntinfektion.
- Es bildet sich eine lange Punktionsstrecke
- Es kommt zu weniger Stenosen und Aneurysmen
- Bei einem Kunstoffshunt führt die Technik zu einer gleichmäßigen Materialbelastung und so zu längerer Funktionsdauer
Nachteil:
- Die Punktion ist möglichweise schmerzhafter, da immer neue Stellen mit aktiven Nerven punktiert werden.
2. Arealpunktion
Bei dieser Methode wird arteriell (untere Punktionsstrecke) als auch venös (obere Punktionsstrecke) immer wieder im gleichen Umfeld (Kreis) punktiert. Anstatt die gesamte Shuntlänge auszunutzen, wird jeweils nur eine Strecke von ca. 2 – 3 cm genutzt. Nehmen wir als Beispiel wieder unseren Gartenschlauch. Stechen wir hier immer wieder vermehrt an zwei Stellen mit einer Nadel hinein, wird er an diesen Stellen instabil. Schließen wir ihn nun ans Wasser an, entstehen an den Stellen zwei Sprühfontänen. So läuft dies auch im Shunt, der einen hohen Druck/Blutfluss besitzt. Daher weitet sich das Gefäß an diesen Stellen nach einer Weile aus und bildet Aneurysmen, in denen sich Thromben bilden/festsetzen können. Diese bergen die große Gefahr, den Shunt zu verschließen, welches infolgedessen operativ behoben werden muss. Da man immer im gleichen Abschnitt punktiert, ist der Vorgang nach einer gewissen Zeit für den Patienten nicht mehr schmerzhaft und der Shunt für das Personal einfacher zu punktieren. Beide Seiten sind glücklich. Jedoch sollte diese Technik aus den vorgenannten Gründen nicht zur regelmäßigen Anwendung kommen. Sie wird jedoch vor Angst von Fehlpunktionen und Schmerzen leider zahlreich eingesetzt und vom Patienten oftmals favorisiert.
Diese Punktionstechnik besitzt andererseits aber dennoch in bestimmten Fällen, bei sicherer Anwendung, auch einige Vorteile. Mit ihr ist es z.B. möglich, Stenosen gezielt über einen längeren Zeitraum durchlässiger zu machen, oder gar zu beseitigen sowie tief liegende Shunt-Venen nach oben zu punktieren. Wie beschrieben, dehnt und erweitert sich das Gefäß an den Stellen aus, diesen Positiveffekt kann man sich hier zu nutzen machen. Erfahrenes Personal, kann den Patienten so unter umständen (je nach Schwere der Problematik), vor Krankenhausaufenthalten, Operationen oder Katheteranlagen bewahren. Für Kunststoff-Shunts (Coretex/ PTFE. Polytetrafluorethylen-Shunt) ist diese Punktions-Variante allerdings ungeeignet.
Vorteile:
- Weniger Fehlpunktionen
- Es besteht die Chance, ohne OP eine Stenose zu beseitigen, oder beispielsweise tiefliegende Shunt-Venen hoch zu punktieren.
Nachteile:
- Entwicklung von Stenosen und Aneurysmen
- Es kann sich leichter eine Shuntinfektion bilden
- Bildung von verwundbarer und verletzlicher dünner Haut, mit starker Blutungs-/und dadurch in Kürze (unter 15 Minuten), ohne schnelle Hilfe, Todesgefahr
- Neigung zur Ausbildung von Wandthrombosen, die zum Shuntverschluss führen können
- Zerstörung der Gefäßwandstruktur
- Die Funktionsdauer des Shunt ist verkürzt.
- Ungeeignet für Kunststoffshunts.
3. Knopflochpunktion
Für die Knopflochpunktion wählt man bis zu drei konstante Stellen am Gefäß, sowohl im arteriellen als auch im venösen Bereich aus. Diese werden im Wechsel benutzt. Hier muss immer wieder der gleiche Stichkanal getroffen werden. So bildet sich mit der Zeit ein sogenannter Narbenzylinder, wodurch die Nadel immer im gleichen Winkel ins Gefäß kommt. Hier würde unser Gartenschlauch als Beispiel an nur wenigen Löchern sprühen und wäre ansonsten sehr stabil. Für diese Handhabung gibt es auch spezielle Nadeln (Buttonhole-Kanülen). Die Metode ist jedoch fast nur für die Selbstpunktion geeignet. Denn es steht nie das gleiche Personal zur Verfügung. Vor dem Ablauf muss hier auch hygienisch korrekt gearbeitet und der Wundschorf, der ein idealer Nährboden für Keime bildet, entfernt werden. Gelangt er in den Stichkanal, könnte sich in der Folge eine Infektion bilden.
Selbstpunktion bedeutet, dass Sie den Ablauf unter Anleitung durch erfahrenes Personal erlernen und im Zentrum danach selbst durchführen. Schauen Sie bei Interesse dem Personal während ihrer Tätigkeit genau auf die Finger und überlegen Sie, ob Sie sich dies selbst zutrauen würden. Beantworten Sie diese Frage mit Ja, sprechen Sie Ihren Dialysearzt darauf an. Es gibt viele Dialysepatienten, die diese Selbstpunktion praktizieren. Ein großer Vorteil dabei ist, denn egal wo Sie die Dialyse durchführen, Ihr Punkteur (Sie) ist immer dabei! Sie haben so nicht nur weniger Schmerzen, sondern reduzieren die Fehlpunktionsrate auf fast 0 %. Was dem Shunt sehr gut tut! Für Kunststoff Shunts ist auch diese Variante ungeeignet.
Vorteile:
- Schmerzfreie Punktion
- Fehlpunktionen von fast 0 %
- Gut bei kurzen Punktionsstrecken
- Shuntschonend
Nachteile:
- Hohes Infektionsrisiko bei nicht beachten von Hygienevorgaben
Verteilung der Punktionstechniken
Die Anwendung der verschiedenen Punktionstechniken verteilt sich wie folgt: Strickleiter Punktion 19,4 %, Arealpunktion 29,0 %, Knopflochpunktion 9,7 %, Mischanwendung 41,9 %.
4. Retrograde Punktion – Gegenstrompunktion (gegen den Shuntfluss)
Das Verfahren wird bei der Ausführung, mit einer der drei vorgenannten Varianten durchgeführt. Es ist keine eigene Technik. Man nutzt diese Metode dann, wenn die Strecke des Gefäßes recht kurz ist und die Nadelspitzen zu eng beieinanderliegen sowie bei Engstellen (Stenosen) die den Abfluss im Gefäß behindern. Bei einer zu kurzen Distanz der Nadeln im Shunt besteht die Gefahr einer Rezirkulation (Wiedereinströmung). Rezirkulation bedeutet, dass das durch die Dialysemaschine schon gereinigte Blut, welches von der Maschine in den Körper zurückgeführt wird, von der arteriellen Nadel zum Teil erneut angesaugt wird. Dies führt dazu, dass über die gesamte Dialysezeit qualitativ weniger Entgiftung erfolgt, da ein Teil des bereits gereinigten Blutes unaufhörlich, durch Rückstau, in den Dialysekreislauf zurückgelangt, und somit effektiv in der Summe weniger Blut gereinigt wird. Stellen Sie sich hierzu erneut das Stück Gartenschlauch vor. Wenn Sie diesen leicht abknicken, staut sich das Wasser nach hinten, weil der Abfluss gestört ist. Diese Situation macht sich mit der Zeit an den Blutwerten (höheres Phosphat, Kalium usw.) bemerkbar. Bei solchen Effekten sollte man immer auch an Probleme im Shunt (Zufluss-/Abfluss Stenose) denken. Viele Dialysemaschinen besitzen die Funktion der Rezirkulationsmessung. Das Dialysepersonal kann darüber Auskunft geben und diese Messung, falls die Maschine über die Funktion verfügt, einfach (3 Sek) per Knopfdruck durchführen. Erkennt man eine solche Problemstellung, wendet man die Gegenstromtechnik an. Dabei werden beide Nadeln in unterschiedliche Richtungen gestochen. Eine Nadel mit der Spitze in Richtung Handgelenk, die andere zum Oberarm. Man kann jedoch nur die arterielle Nadel (untere Nadel) retrograd (gegen den Fluss) punktieren. Empfohlen wird jedoch immer die antegrade Punktion, also mit dem Fluss. Man macht dies, um die "kurze" Punktionsstrecke besser ausnutzen zu können oder bei bekannt niedrigem Shuntfluss (Shuntvolumen) und dem Risiko der Rezirkulation, falls die Kanülenspitzen zu eng beeinander liegen entgegen zu wirken. Da ein niedriger Shuntfluss immer eine Ursache hat, hilft die retrograde Punktion der Arterie nur für Einzeldialysen zur Vermeidung oder Verringerung der Rezirkulation, ändert aber nichts an dem Problem das chirurgisch beseitigt werden sollte. Diese Nadelpositionen haben keine negativen Auswirkung auf den Shunt und seine Lebensdauer.
5. POCUS-Punktion
Die POCUS-Punktion („point of-care ultrasount“/ultraschallgesteuert) ist noch eine recht unbekannte Technologie. Sie besitzt jedoch für Patienten und das Personal, zahlreiche Vorteile. In Gegenüberstellung zu den anderen Metoden, wo man sozusagen blind sticht, ist es hier nun mittels eines kleinen (etwa Smartphone-Größe) Ultraschallgerätes, leicht verständlich möglich, exakt ins Gefäß zu schauen. Dies ermöglicht den Ärzten/Personal genau zu sehen, wie die Nadel ins Gefäß kommt und wie sie genau platziert werden muss, damit es nicht zu einer Verletzung des Shunts führt, welches mit den anfänglich vorgestellten Methoden nicht mit so viel Sicherheit möglich ist. POCUS ist eine Revolution für Dialysepatienten! Routinierte Patienten, die bereits diese Erfahrung machen durften, verzichten nur ungerne wieder darauf. Ein Hauptargument für diesen Einsatz ist, dass sich die schmerzhafte Fehlpunktionsrate, damit um ca. 95 % reduzieren lässt. Für den Shunt und seine Überlebensdauer/Haltbarkeit hat die neue Technik enorme Vorteile.
Die sind: Ein neuer Shunt kann
beispielweise schon nach etwa „14 Tagen“ sicher erstmals punktiert werden. Derzeit muss man zwischen 6 bis 8 Wochen damit warten. Die kürzere Zeitspanne bedeutet zugleich, dass auf den Katheter
an der Halsschlagader, der immer auch ein Entzündungsrisiko in sich birgt, entweder frühzeitiger entfernt, oder je nach Zustand der Restnierenfunktion, sogar darauf verzichtet werden kann.
Auch tief liegende Shuntvenen (bis 6 mm), die eventuell eine operative Hochverlagerung benötigen, sind mit POCUS nutzungsfähig. Gleiches gilt für dünne Gefäße (< 5 mm Durchmesser),
auch sie kann man mit der richtigen Nadelwahl, z.B. einem Shuntkatheter (spezielle Nadelart), sicher punktieren. Zugleich lassen sich für die Punktion nicht geeignete Punktionsstellen z.B. die
Arterie, die man verletzen könnte, zuverlässig erkennen. Übertragen auf das Beispiel Gartenschlauch, können wir mit Hilfe des Ultraschalls Stellen finden, an denen wir den Schlauch kaum
beschädigen. So bleibt seine Funktion lange erhalten.
Erfahrenes Personal/Ärzte stehen der Methode teils noch kritisch gegenüber und scheuen vermutlich den Zeitaufwand. Sozusagen nach dem Motto: „Was der Bauer nicht kennt…!“ Jedoch wurden früher Patienten mittels Äther narkotisiert. Die Medizin hat sich aber zwischenzeitlich enorm weiterentwickelt und so sind Narkosen heute noch kaum belastend. Ebenso verhält es sich mit POCUS. Man kann dem Patienten mit dieser großartigen Neuentwicklung viel Leidensdruck nehmen. Ziel sollte sein, diesen Fortschritt, der uns Patienten auch vor operativen Eingriffen schützt, vermehrt aus Patientensicht zu fordern. Die Kosten hierfür sind übersichtlich und die Vorteile für die Patienten enorm.
Vorteile von POCUS
- Textfeld: Beurteilung Reifezustand (Durchmesser der Shuntvene)
- Punktion auch tief liegender Shuntvenen (tiefer als 6 mm) möglich,
- Punktion von Shuntvenen mit geringem Durchmesser (<5 mm) durchführbar,
- Erkennen und Vermeiden nicht geeigneter Punktionsstellen, z.B. bei naheliegender Arterie
- Vermeidung der Arealpunktion durch Erkennen neuer Punktionsbereiche
- Frühpunktion neu angelegter Shunts (in den ersten 14 Tagen nach operativer Anlage)
- Vermeidung von Dialysekatheter als Überbrückung
- Darstellung der POCUS Punktion Schwierige Punktionen werden bei POCUS vom Personal nicht mehr als schwierig wahrgenommen.
- Nahezu keine Fehlpunktionen beim Beherrschen der POCUS-Punktion im Dialysezentrum
Fazit:
Der Shunt ist einer extremen „Wiederverwendung ausgesetzt (ca. 350-mal pro Jahr bei 3 Dialysen, wöchentlich). Daher sollte mit der Lebensader von allen Seiten gewissenhaft umgegangen werden. Eine adäquate Shuntentwicklung kann zahllose Shuntkomplikationen vermeiden. Hierbei kommt dem medizinischen Team, eine sehr große Verantwortung zu. Einfach nur an einer vermeintlich guten Stelle hineinstechen und bei Bedarf korrigieren, wie bei der Blutabnahme beim Hausarzt, ist für Patienten auf lange Sicht ein unheilvolles Handeln.
Nicht alle Punkteure kommen mit jedem Shunt gleich gut zurecht. Dies führt hin und wieder für den Patienten zu schmerzhaften Komplikationen wie z.B. Blutergüssen bis schlimmstenfalls hin zum Shuntverschluss. Eine verantwortungsvolle Pflegekraft ruft nach einer Fehlpunktion einen Kollege*in und führt so dem Shunt durch unendliches Korrigieren der Nadel, keine unbemerkten Verletzungen zu. Es liegt auch am Patienten, Personal, von dem er aus Erfahrung weiß, der/die kommt mit seinem Shunt nicht gut zurecht, abzulehnen um jemanden zu verlangen der besser passt. Das Recht dazu hat jeder Patient in allen Dialyseeinrichtungen!
Hier kommt es jedoch oft zu stressigen Situationen und teils unschönen verbalen Wortgefechten mit den Pflegekräften. Hier Beispiele einiger Totschlagargumente: „Wenn alle so wären wie Sie“, „Das ist in unseren engen Zeitplänen nicht möglich“, „Stellen Sie sich nicht so an!“ und vieles mehr. Wir sind als Patienten auch in der Dialyse weiter mündige Bürger! Hier sollte auf sein Recht so wiederkehrend bestanden werden, bis es im Team verstanden wurde und zukünftig eingeplant wird. Keiner des medizinischen Teams sollte vergessen, dass er/sie hier schwerkranke Patienten betreut, die durch die Krankheit teils viele schlechte Tage erleben. Somit haben wir das Recht zu bestimmen, wer in unsere intime Distanzzone 30-50 cm eindringen darf. Sollten wir dabei mit dem Verlassen der Einrichtung bedroht werden, wäre dies ein großes Armutszeugnis in der Menschlichkeit aller Beteiligten.
In patientenfreundlichen Dialyseeinrichtungen sind diese Bitten aber im Normalfall kein Problem, denn hier steht die Hilfe nicht der Schaden im Mittelpunkt für den Patienten.
In den Händen des Pflegepersonals und/oder den Ärzten liegt die Verantwortung für jeden Shunt! Mit gezielter Punktionstechnik, Weitsicht sowie Teamarbeit, kann die Gefäßentwicklung gemeinsam so gesteuert werden, dass der Shunt eine lange Lebensdauer erhalten kann, wenn der Patient nicht an Gerinnungsstörungen etc. leitet, die zum Verschluss beitragen können. Die richtige Wahl eines guten Shuntchirurgen darf als Ausgangspunkt nicht außer Acht gelassen werden. Allen Punkteuren sind bei dilettantischen Shuntanlagen Grenzen in der Ausführung gesetzt. Der Patient wiederum sollte alles mit Interesse beobachten, hinterfragen und bei Fehlentwicklungen, im Eigeninteresse immer intervenieren. Es geht bei alle dem um unsere Lebensqualität, die teils bereits ohnehin schon über 50 %, gegenüber gesunden Mitmenschen reduziert ist, da wir maschinell am Leben erhalten werden müssen.
Martin G. Müller
Spektrum Dialyse.
Quellenangaben:
Bildquelle: Martin
G. Müller
Prof. G. Krönung Wiesbaden
POCUS Punktion - Dialyse aktuell 2022; 26: 38-45
Informationen: Shuntchirurgie für die Dialyse
40 Jahre Shuntchirurgie – Dialyse aktuell 2015; 19 (10): 540 – 546
Der permanente Gefäßzugang für die Hämodialyse – Kompendium Nephrologie 2013; 5 (1)
Anlage, komplikationen und Pflege des Shunt – Die Schwester/Der Pfleger 39 Jahrg 07/00
Vortrag Thomas Lehn – Dialysepatienten Mainz e.V.
Einführung in die Selbstpunktion – Journal Nephrologisches Team – 3/4 2004
Prophylaxe und Diagnose von Shuntproblemen aus nephrologischer und gefäßchirurgischer Sicht – Nephro News Nr. 3 -
2015
Online Tagung der IAD 11.02.2021 - Shunt-Neuanlagen – aktuelle Daten aus Deutschland G. Krönung, Wiesbaden
29. Erfurter Dialysefachtagung 6-7.05.2021 - Das Geschehen im Shunt während der Dialyse: Dr. Gregor Kurp, Koblenz
POCUS Punktion - Dialyse aktuell 2022; 26: 38-45
Lektorat: Jörg Schmitt (Heusweiler/Saar) 2022